Wir wollten wissen, wie sich Corona auf die Mediennutzung auswirkt. Deshalb haben wir uns einige Zahlen einmal genauer angeschaut. Hier die wichtigsten Ergebnisse – und wie wir sie bewerten.
Von Michael Märtin, Head of Strategy bei Initiative Österreich
MEDIENKONSUM WÄCHST
Die Nachrichtennutzung nimmt am stärksten zu: 2 von 3 Personen investieren nun mehr Zeit in Nachrichten als vor der Krise. Die Hälfte der Befragten gibt sogar an, deutlich mehr Zeit mit News-Inhalten zu verbringen. Jeder zweite User nutzt Streaming-Angebote zurzeit häufiger als sonst. 45 Prozent verbringen mehr Zeit mit Messaging-Diensten. Ebenfalls fast 45 Prozent sind länger als üblich in den sozialen Medien unterwegs. Das Alter hat großen Einfluss auf das Medienkonsumverhalten. Hauptgründe: Die Jüngeren nutzen vermehrt Musik-Streaming-Dienste, schauen Videos und verbreiten sie über digitale Kanäle. Demgegenüber steht die ältere Generation, die aktuell deutlich mehr Fernsehen im klassischen TV schaut.
SMARTPHONENUTZUNG NIMMT DEUTLICH ZU
70 Prozent der Befragten geben an, mehr Zeit an ihrem Smartphone zu verbringen. Bei den Menschen unter 25 Jahren beträgt dieser Anteil sogar über 80 Prozent. Frauen haben die Nase vorn, was den verstärkten Gebrauch von Smartphones und Tablets betrifft. Männer hingegen verwenden vermehrt Spielekonsolen, Laptops, PCs, intelligente Lautsprecher und intelligente TV- oder Media-Streaming-Geräte. Auch der Wohnort zeigt einen erheblichen Unterschied: Mehr als drei Viertel der Befragten in den Städten verbringen mehr Zeit an ihren Smartphones als noch vor ein paar Wochen. Im Vergleich dazu ist es nur knapp die Hälfte der ländlichen Bevölkerung.
ANSCHAFFUNGEN WERDEN VERSCHOBEN
Fast 40 Prozent der Befragten geben an, dass sie größere Anschaffungen verschieben, bis die Situation sich entspannt oder die Krise ganz vorbei ist. Vor allem Flüge (26 Prozent) und Urlaubsreisen (41 Prozent) werden von den Befragten auf einen späteren Zeitpunkt verlegt. Rund 15 Prozent geben an, dass sie Käufe von Luxusgütern, Technologie-Geräten und Haushaltsgeräten aufschieben.
LIVE-STREAMS SIND GEFRAGT
Die Live-Übertragung als Ersatz eines persönlichen Besuchs von Sportveranstaltungen und Musikkonzerten ist beliebt: Mehr als vier von zehn Befragten interessieren sich dafür. Etwa jeder Fünfte interessiert sich für live gestreamte Theateraufführungen, wobei Millennials und Personen mit höherem Einkommen das größte Interesse zeigen. Das Alter ist hier ein starker Einflussfaktor, denn nur 50 Prozent der über 40-Jährigen interessieren sich für Live-Streaming. Im Vergleich dazu sind es etwa 80 Prozent der unter 39-Jährigen.
MARKEN SOLLEN REAGIEREN
Die Mehrzahl der Befragten gibt an, dass Marken auf den Ausbruch mit flexiblen Zahlungsbedingungen (83 Prozent) reagieren sollten. Ähnlich erwünscht sind kostenlose Dienstleistungen (81 Prozent), die Schließung nicht unbedingt notwendiger Geschäfte (79 Prozent) und die Unterstützung bei der Produktion wichtiger Güter (67 Prozent).
ZUSAMMENFASSUNG UND BEWERTUNG
Die aktuelle Situation könnte einen nachhaltigen Effekt auf die Marktanteile der Mediengattungen im Werbemarkt haben. Wir haben schon vor der Krise gesehen, dass immer mehr analoge Geschäftsmodelle durch digitale ersetzt werden; dies wird sich gerade jetzt in der Corona-Krise verstärken und einen klaren Digitalisierungsschub mit sich bringen. Offline-Medien werden zwar weiterhin eine große Rolle spielen, jedoch vermehrt ergänzt durch digitale Kommunikationskanäle. Werbetreibende sollten jetzt nicht in eine Schockstarre verfallen. Heutzutage sind Hyperkonnektivität und soziales Leben die Norm. Die Eingrenzung zwischenmenschlicher physischer Kontakte bedeutet, dass digitale Verbindungen wichtiger denn je sind. Wie sich die Grenzen der Isolation überwinden lassen, haben viele Unternehmen bereits vorgemacht. Sie erschaffen neue digitale Angebote, tragen zur Unterhaltung und Bildung bei und ermöglichen auf diese Weise Gewohnheiten in einem völlig ungewohnten Umfeld. Die wichtigste Empfehlung lautet also: Altbekanntes über Bord werfen und möglichst schnell digitale Alternativen schaffen. Historische Daten deuten sogar darauf hin, dass Werbetreibende, die während eines Abschwungs weiterhin in Medien investieren, letztendlich gestärkt aus der Krise hervorgehen und schneller wachsen werden, wenn sich der Markt wieder erholt. Eine kurze Periode billigerer Preise ist auch ein guter Zeitpunkt für Werbetreibende, Marktanteile zu gewinnen. Werbetreibende, die jetzt während der Krise schnell reagieren und weiterhin investieren, können sich für den Aufschwung danach gut positionieren.
Quelle: GWI – Coronavirus Research | March 2020